Wir haben uns mit Dany Boon unterhalten über seine aktuelle Kino-Komödie Super Hypochonder und die zukünftigen Pläne des Komikers und Regisseurs, die ihn nun bis nach Hollywood führten. Auch verrät er uns, warum er das Leben in L.A. trotz des Verzichts auf seine französische Lebensweise zu schätzen weiß.
FILM.TV: Wann war denn Ihr letzter Arztbesuch?
Dany Boon: Vor zehn Tagen habe ich mich durchchecken lassen; alles: Bluttest, Röntgenbilder, Lungentest, Gehirn-MRT, Herzcheck. Ich bin immer etwas überängstlich, wenn es um Gesundheit geht. Deswegen mache ich das alle sechs Monate. Letztes Jahr habe ich diesen neuen Körpercheck gemacht, in diesem riesigen Gerät, das alles durchmisst, Knochen, Muskeln, Fett. Das ist toll, richtig gut.
FILM.TV: Ihre eigene Paranoia hat Sie also zum Film inspiriert?
Dany Boon: Ich hatte die Idee zum Film, als ich mit meinem Arzt diskutierte. Jedes Mal, wenn wir nur einen roten Punkt irgendwo haben, recherchieren wir sofort im Internet und diagnostizieren es. Wir lesen, was Leute geschrieben haben, die vielleicht etwas ähnliches hatten. Es ist wirklich wie die Büchse der Pandora. Wenn man einmal angefangen hat nachzulesen, bekommt man es nicht mehr aus dem Kopf. Es ist ein Alptraum. Während den Unterhaltungen mit meinem Arzt, der übrigens irgendwann auch ein guter Freund von mir wurde, hat er mir gestanden, wie schwierig es ist, mit den Patienten zu reden, denn jetzt denken diese, sie wüssten schon was sie für eine Krankheit haben. Natürlich haben sie auch schon alles andere rausgesucht - die beste Behandlungsmethoden, Medizin und deren Nebenwirkungen. Es ist wirklich schwierig geworden für Ärzte, ihre Patienten zu behandeln.
FILM.TV: Hat die Medizinindustrie vielleicht auch ihre Finger im Spiel und schürt unsere Ängste, so dass wir uns kränker sehen, als wir sind?
Dany Boon: Ich denke nicht, dass es wirklich Propaganda ist. Es ist vielleicht eher eine Überinformation. Wir wissen alles, was in der Welt passiert. Alleine mit meinem Handy kann ich wissen, was überall los ist. Das ist das Problem. Das macht uns krank.
FILM.TV: Wäre „Der eingebildete Kranke“ von Molièr nicht die perfekte Rolle für sie?
Dany Boon: Vielleicht, ich habe die Rolle nie gespielt, als ich noch im Theater war. Der Unterschied zwischen dem Charakter von Molièr und dem Charakter, den ich im Film spiele liegt aber darin, dass der Arzt in Super-Hypochonder den Charakter geheilt sehen möchte und bei Molièr ist es genau andersrum.
FILM.TV: Der Film ist ja eine Komödie, in der viel Komik durch Mimik und Gestik entsteht. Was war denn das Blödeste, was sie im Film gemacht haben?
Dany Boon: Oh, das war als ich die Desinfektionslösung in mein Gesicht geschüttet habe. In der Szene habe ich kurz zuvor eine Kollegin per Wangenkuss begrüßt und sie erzählt mir dabei, dass sie gerade etwas erkältet ist. Ich frage sie, ob sie mich verarscht und sie antwortet trocken, dass es ok ist, sie hätte nur etwas Fieber.
FILM.TV: Sie sind vor kurzem nach Los Angeles gezogen. Warum?
Dany Boon: Das ist im Moment gerade am praktischsten. Ich denke aber, dass ich irgendwann wieder zurück nach Europa ziehe. Jetzt bin ich erst Mal nach L.A. gegangen, um die Verträge mit Warner Brothers und der Will Smith Company zu unterschreiben für einen „Makeover“ von „Willkommen bei den Sch´tis“. Ich bin nicht verrückt nach Hollywood, aber es ist ein großes Fenster zur Filmwelt. Ich hatte viele Angebote bekommen, bei denen ich Regie führen sollte und ich habe sie abgelehnt. Vor einem halben Jahr habe ich aber das Drehbuch von dem Produzenten Nicky Wentstock erhalten und das Screenplay war wirklich gut. Ich habe ihn zurückgerufen und gesagt, das ich begeistert bin. Ein paar Kleinigkeiten würde ich ändern, aber ich mag den Entwurf. Er hat mir angeboten, die Regie zu führen und auch eine Rolle im Film zu spielen, weil es auch einen französischen Charakter in dem Film gibt, aber ich habe das abgelehnt, weil ich mich vollkommen auf die Regie konzentrieren wollte. Dann haben wir am Screenplay gearbeitet, zusammen mit den Screenwritern. Offensichtlich hat es FOX gefallen und in ein paar Monaten fangen wir an zu drehen. Das wird mein erster Film auf englisch.
FILM.TV: Haben Sie keine Angst, dass sich Hollywood jetzt zu sehr in ihren Stil einmischt?
Dany Boon: Nein, diese Angst habe ich nicht. Das Drehbuch ist wirklich gut und FOX hat alle Änderungen akzeptiert, die ich machte. Ich glaube auch, dass sie mich engagiert haben, weil sie meinen europäischen Humor mögen. Es hat alles gepasst: Sie haben mir zugehört, meine Änderungen akzeptiert und wir waren sehr zufrieden mit unserer gemeinsamen Arbeit. Wir haben wirklich gut zusammen gearbeitet. Befreundete Regisseure haben mich vorher gewarnt. Sie sagten, mit Hollywood zu arbeiten, ist ein Alptraum. Sie haben ihre Hand auf meine Schulter gepackt und gesagt „Viel Glück“. Noch habe ich aber keine schlechten Erfahrungen gemacht.
FILM.TV: Wenn wir jetzt mal Klischees und Ihre Hyperchondrie verbinden: Jetzt, wo Sie in L.A. leben brauchen Sie doch eigentlich auch einen Psychiater dort, oder?
Dany Boon: Nee, ich habe schon einen guten Psychiater in Frankreich und ich kann sie immer anrufen. (lächelt)
FILM.TV: Vermissen sie nicht den französischen Lebensstil, das Essen?
Dany Boon: Meine Frau ist eine fantastische Köchin, aber sie kommt aus der Schweiz. (lacht) Ich vermisse das Brot, die Croissants, aber es ist ja nur für eine Weile. Es ist auch mal gut, weg zu sein von der „bösen“ Seite des Showbusiness, weg von all dem Starleben oder Freunden, die dich mit zu Partys schleppen und dann vergisst du z.B. zu schreiben und das ist schlimm, denn das ist ja der Sinn unseres Berufs - lustige Dinge schreiben und der Welt erzählen. Es ist auch gut, mal alleine im Büro zu sitzen und schreiben zu können. Ein Problem gibt es allerdings in L.A.: Ich habe schreckliche Angst vor Erdbeben.
FILM.TV: Ihr Film „Willkommen bei den Scht´is“ übertraf den bis dato Besucherrekord von Louis de Funes´ „Die große Sause“. Wie haben Sie sich dabei gefühlt und glauben Sie, dass Super-Hypochonder den selben Erfolg haben wird?
Dany Boon: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, es benötigt immer eine besondere Mischung aus vielen Umständen. Ich glaube nicht, dass mein Film soviel besser ist. Ich glaube, der Film kam einfach nur zum perfekten Zeitpunkt raus - ein Beispiel: Ich mag Musik von Bach. Bach sagte einmal, dass Piano spielen und klassische Musik nicht schwierig ist. Es geht immer nur darum, den richtigen Finger zur richtigen Zeit auf der richtigen Taste zu haben. Ebenso ist es beim Film. Manchmal geht es nur darum, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Es geht um den richtigen Augenblick, das richtige Drehbuch, die richtigen Schauspieler. Es ist ein Phänomen, aber es ist nicht wie ein Wettbewerb, wie die Olympischen Spiele oder so. Der Erfolg ist mir egal. Als ich meine Karriere begann, habe ich in kleinen Theatern gespielt, vor einem Publikum von 15 Menschen, aber das war ok. Ich hatte mein kleines Apartment, keine Kinder, keine Frau. Ich habe jeden Abend meine Show gezeigt und das Publikum zum Lachen gebracht, auch wenn es nur 15 - 20 Leute waren. Irgendwann kam ein Produzent und gab mir eine TV-Show und dann stieg ich Stück für Stück auf. Aber ich war nur ein Mitläufer. Es gab jemanden, der mich ausgenommen hat. Nach drei Jahren wurde mir bewusst, dass er mich ganz schön viel Geld kostet und so wurde ich selber Produzent und ich wurde Stück für Stück bekannter. Ich mag das Berühmtsein aber eigentlich nicht. Deswegen lebe ich auch gerne in L.A.. Ich kann dort unerkannt herumlaufen. Es gibt kaum Amerikaner, die französische Filme gucken. Ich werde, wenn es hoch kommt, ein- oder zweimal in der Woche erkannt. Es ist wichtig, normal leben zu können.